Mittwoch, 30. April 2008

Wild Life

Hallo liebe Leser,

der Urlaub ist zuende, und ich wollte zuerst einen kleinen Roundup schreiben, eine Zusammenfasung. Aber Zusammenfassungen sind für Leute, die zu faul sind, den ganzen Roman zu lesen. Daher gibt´s auch hier keine Zusammenfassung.

Aber Bilder gibt´s, und zwar hier: http://picasaweb.google.com/Raphael.Darius/DownUnder2008

War´s das mit den Geschichten? Vorerst ja. Ich hab nicht alles, was ich aufgeschrieben habe, hier veröffentlicht und längst nicht alles, was mir bemerkenswert erschien, zu Papier gebracht. Vielleicht ein ander mal.
...
Na gut, dann eben doch jetzt. Kleine Statistik über meine Wildlifebegegnungen zum Schluss (zahme oder in Gefangenschaft gehaltene Tiere nicht eingerechnet):

* Kängurus: ein paar Gruppen im Outback
* Wallabys: eines (auf Philip Island)
* Opossums: eines (Melbourne)
* Pythons: einer
* Baumkängurus: eines
* Koalas: einer
* Riffhai: einer
* 50Cent: einer (Sydney Airport)

50Cent? Yep, genau der. Als ich am Flughafen von Sydney aus dem Bus aussteige, hält eine Kolonne schwerer, schwarzer Geländefahrzeuge wenige Meter hinter mir. Aussteigen ein paar ebenfalls schwere, schwarze Männer. Die meisten gehen direkt zum First- und Business-Class Check In, wenige andere zum Economy Check In.

Ich erinnere mich: hatte gestern gelesen, dass 50Cent am selben Abend auftritt. Nun fliegt man mit US Airways zurück nach L.A. Als die Economy Rapper kurz vor dem Check In sind, werden sie herausgewunken und zum First-/Business Check In geführt. - Wow, so einfach geht das also mit dem Upgrade.

Bei mir hat das nicht geklappt. Dabei habe ich mich bei der Beantwortung der Fragen der Qantas Mitarbeiterin streng and die einschlägige Diktion gehalten: "Aww man...who the fuck is callin'?..I don't even wanna answer this shit...Hello?" (aus Gun Runners, Album Power of the Dollar)

Dienstag, 22. April 2008

Alles auf eine Karte gesetzt

Bin ich fortschrittsfeindlich oder nicht anpassungsfaehig, wenn ich sage, dass ich Schluesselkarten in Hotels einfach nur scheisse finde? Wenn das Rad der Hoehepunkt der Erfindungen der Menscheheit ist, ist die Schluesselkarte das genaue Gegenstueck. Das Rad sorgt fuer Mobilitaet, wir haben mit beraederten Maschinen die Welt bereist und den Weg zum Baecker verkuerzt. Mit Raedern kommt jeder ueberall hin. Mit Schluesselkarten kommen nur wenige an ausgesuchte Orte.

Schluesselkarten verschleiern ihre Funktionalitaet. Ein Schluessel hat grobe oder feine Zaehne oder kleine kegelfoermige Vertiefungen, je nach Sicherheitsbeduerfnis. Einem Magnetstreifen sehe ich nicht an, ob er mich in den Fahrradkeller laesst oder in die Schaltzentrale des Atomkraftwerks. Ich sehe noch nichtmals, ob es ueberhaupt ein Schluessel ist.

Vor ein paar Jahren hatte ich schon ein aergerliches Erlebnis in einem Hotel der Sorte, die man sich von seinem Arbeitsgeber bezahlen laesst. Kam nicht rein, musste mehrmals zwischen viertem Stock und Rezeption pendeln. "Computerfehler" sagt die Dame vom Empfang. Aber Computerfehler sind immer Menschenfehler.

Mittlerweile findet man sie auch in Backpacker Accomodations wie hier in Sydney. Ich entdecke, dass meine "Swipe-Card" nicht richtig funktioniert just in dem Moment, als ich morgens aus der Dusche komme und wieder ins Zimmer zurueck will. Das elektronische Schloss blinkt mich freundlich und in gruen an und bleibt zu. Noch ein Versuch, zwei, drei - nix. Es ist gerade so, als haette mein Zimmerschluessel ploetzlich seine Zaehne verloren.

Fuer die nun folgende Situation haette ich gerne eine Kamera zur Hand gehabt. Die Fahrstuhltuer im 5. Stock oeffnet sich, und ich tapse mit der groesstmoeglichen Selbstverstaendlichkeit, die man an den Tag legen kann, wenn man sich in Schlafunterwaesche - Boxershorts und T-Shirt - unter Menschen begibt, hinein, wuensche den anderen Gaesten einen guten Tag und druecke auf "Ground Level", wo sich die Rezeption befindet. "Der faehrt aber erstmal rauf", sagt jemand. Wunderbar. So hab ich ich noch mehr Zeit, diese Peinlichkeit vollkommen auszukosten und die betreten Gesichter zu studieren, die zwei aelteren Damen, die irritiert wegschauen, die zwei jungen blonden Chicks und jeden weiteren zusteigenden Gast in jedem einzelnen Stockwerk, drei rauf und acht runter.

An der Rezeption erhalte ich meine neue Karte. Im Fahrstuhl nach oben laeuft eine grauenhafte Easy Listening Musik, so populaere Klassik mit soften elektronischen Beats unterlegt. Im 1. Stock steigt ein Typ ein, etwa dreissig. Ich trage meine bluetenweisse und etwas zu knappe Qantas Boxershorts, ein genauso weisses Qantas T-Shirt und muss mit meinem loechrigen Bart aussehen, wie ein Engel, der die Gesellenpruefung nicht bestanden hat, aber die Arbeitskleidung behalten durfte.
"This is really weird music", bemerkt er.

Muss ein Aussie gewesen sein. Good day for it.

Didgie Danny

Danny hat einen kleinen Laden in Cairns und verkauft Didgeridoos und ein wenig aboriginal Art, ein Paar Bumerangs dazu. Etwa 100 ausgehoehlte Eukalyptusstaemme, kunstvoll bemalt und geschnitzt oder puristisch mit Schutzlasur und in allen Tonlagen von C' bis F''. Danny ist mit einer Deutschen aus Rodgau verheiratet, er kennt Darmstadt und wir kommen ins Plaudern. Danny traegt heute Schuhe, das sei ungewoehnlich, meint er, aber es sein schliesslich bald Winter. Ich schwitze.

"Why don't you try some of these Didgies?", fragt er mich, und ich erhalte eine persoenliche Lektion in Zirkularatmung. Sehr nett von Danny, denn ich hatte schon vorher klargestellt, dass ich es nicht im Rucksack mitschleppen moechte und daher nicht kaufwillig bin. Aber das ist Danny egal. Er will seinen Kunden nichts andrehen. Er will einen schoenen Tag haben.

Ich kaufe drei Bumerangs.

Dannys Laden: http://universaljoint.net.au

Sonntag, 20. April 2008

Ein grauer Bumerang im Meer

"Nur mal dem Riffhai sagen" - haha, ganz tolles Wortspiel, Raphael, wirklich sehr sehr komisch. Gestern kam es dann wie ein Bumerang zurueck.

Gestern war mein zweiter Trip zum Riff, diesmal an das "Outer Reef", etwa 50 Kilometer von der Kueste entfernt. Danach kommt nix mehr, nur noch endloser Pazifik. Die Sicht ist hier besser, das Riff ist (noch) vielfaeltiger. Ich sehe die schoenen bunten Fische, die ich als Kind in ein Sammelalbum von Hans Hass - wem sagt der noch etwas? - eingeklebt habe. Man schwimmt an der Riffkante entlang oder sucht sich einen Weg in kleinere Pools, die das Riff gebildet hat. Hier ist immer am meisten los. Putzerfische machen den Carwash, Revierkaempfe werden ausgetragen und auf dem sandigen Grund wartet eine Leoparden Seegurke darauf, ihre Eingeweide auszuspeien und sich so gegen einen Angreifer zu verteidigen.

Die machen sowieso komische Dinge hier. Geschlechterwechsel zum Beispiel ist an der Tagesordnung. Nehmen wir die Clownfische, die aus "Findet Nemo". Eine Anemone wird immer von einer Familie Clownfische bewohnt und beschuetzt. Wird das Weibchen gefressen (oder entfuehrt oder ist nur mal eben Zigaretten holen) durchlaeuft das verbleibende Maennchen eine Reihe hormoneller Veraenderungen und verwandelt sich nach ein Paar Tagen in ein Weibchen. Von Maennlichkeit ueber Metrosexualitaet zu praller Weiblichkeit - also ungefaehr Tom Selleck - David Beckham - Vivien Leigh. Aber wie haette Disney/Pixar das amerikanischen Grundschuelern verklickern koennen?

Zurueck zu dem Pools am Opal Reef und zu der Frage, wie ein olles Wortspiel ein Bumerang werden kann. Ich schwimme durch einen Pool und bin ein paar Meter von einem Durchgang in einen anderen Pool, als er ploetzlich auftaucht. Genau genommen: er taucht gerade nicht auf, sondern bleibt unten, etwa fuenf Meter vor und drei Meter unter mir, schwingt seinen schlanken grauen Koerper ein paar Mal hin und her, dieser endlos elegante Schwimmer, und zieht langsam weiter ins Riff, dort wo sein Zuhause ist, der Riffhai. Gesagt hat er nichts, hat mich einfach ignoriert, was mir bei allem Heldenmut, den man beim Bloggen am Tag drauf glaubt gehabt zu haben dann auch ganz recht ist. G'day Reefshark!

Ich verspreche, keine weiteren Wortspiele ueber das australische Wildlife mehr zu machen. Das kann nur nach hinten losgehen. Nachher werden mir die Viecher noch spinnefeind und ich darf dann in der Notaufnahme Schlange stehen.

Donnerstag, 17. April 2008

Riff Raff

Wie lautet der Plural von Riff - Riffe oder Riffs? Kommt wohl drauf an, ob man an Australien denkt, dann ersteres, oder an Keith Richards, dann letzteres. Keith Richards hat, so sagt man, mindestens 50 Prozent aller gueltigen Gitarrenriffs erfunden. Aber das gehoert nicht hierher oder nur am Rande oder nur deshalb, weil das Leben eine Schallplatte ist. Vielleicht es das aber auch nicht und das Leben ist einfach nur das, was wirklich ist und nicht das, was gespielt wird.

Das Great Barrier Reef im Nordosten Australiens jedenfalls ist der Keith Richards unter den Korallenriffen, wenn auch wesentlich schoener. Und groesser, etwa 2.000 Kilometer lang, weshalb man es den groessten Organismus der Erde nennt. Ein Tagesausflug kann nicht den kleinsten Eindruck geben, um was fuer ein gewaltiges Gebilde es sich handelt. Aber es ist ein gutes Gefuehl, diesem Giganten einen Besuch abzustatten und schnorchelnderweise auf die ueberbordende Vielfalt und Schoenheit des Riffs und seiner Bewohner zu blicken. Mehr wollte ich ja auch nicht, als nur mal dem Riffhai zu sagen.

Dienstag, 15. April 2008

Zwei Texte ueber Tropen

Tropendepression
Es ist nicht die Hitze oder die feuchte Luft, auch nicht Palmen oder die obligatorische Reggaemusik. Was an dem tropischen Strand-Holiday-Party-Ressort nicht passt, bin ich.
Strand rauf und runterlaufen - ok, kann man machen. Dann ist der Strand zuende. Rundgang durch Souvenirshops und die Galerien mit Bildern einheimischer Kuenstler. Auch in Ordnung. Dann sind zwei Stunden um. Und dann?

Die Frage stelle ich mir nicht als erster. Denn um den Satz "Ich hab Heimweh nach Recklinghausen" fuer die Dauer eines Strandurlaubs zu unterdruecken, hat sich eine HighTech Beschaeftigungsindustrie herausgebildet, die jeden mit dem Auto erreichbaren Strandabschnitt erfasst.

Da gibt es die Klassiker wie die Boetchenrundfahrt oder - fuer den pralleren Geldbeutel - den Rundflug ueber die Insel, wahlweise im knatternden Hubschrauber (bitte noch pralleren Geldbeutel mitbringen).

Etwas weniger klassisch sind die "Das kann ich doch auch"-Geraete fuer die Zielgruppe Maenner zwischen 20 und 40. Da findet man Quads und Motocross Bikes und diese Jetskis, die einen Hoellenlaerm machen und in der Regel in Strandnaehe und im Kreis gefahren werden. Hoellenlaerm ist wichtig, sonst bemerkt einen ja keiner. Hab noch nie eine Frau auf so einem Ding gesehen.

Die dritte Kategorie sind die Hinterherziehgeraete. Ein Klassiker der 90er Jahre und immer noch im Programm ist das Banana-Boot. Da sitzen etwa acht Leute auf einem fehlkonstruierten Schlauchboot, das einen viel zu hohen Schwerpunkt hat, weshalb es auch andauernd umkippt. Das finden dann die Leute lustig - die am Strand liegen und zuschauen. Jetzt kann man sich in allem moeglichen Zeugs aus Neopren und Gummi hinter einem Motorboot herziehen lassen; die Form variiert, das Konzept nicht.

Anstatt uebers Wasser kann man sich auch durch die Luft ziehen lassen, an einem zerfetzten Fallschirm und ebenfalls hinter einem Boot. Das nennt sich dann Parasailing und es lohnt sich. Es lohnt sich, den Begriff bei Youtube einzugeben, vielleicht noch ergaenzt um ein Suchwort wie "Crash" oder "dumm gelaufen".

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Sunset Bore
"Ja klar will ich den Sonnenuntergang sehen, das ist doch soooo romatisch". - Ist es nicht.

Man sitzt im Sand und es wird dunkel. Wenn das zuende ist, brechen Paerchen und Familien wieder auf und fahren im 4WD eine Pizza essen, gehen in eine Bar oder ins Kino. Zurueck bleibt Picknickmuell und Sand, der die offene Wunde zwischen den Zehen scheuert.

Verstehen koennte ich es ja in Nordnorwegen. Wenn man da den falschen Tag erwischt, geht die Sonne unter und bleibt fuer eine ganze Weile weg. Da kann man schonmal tschuess sagen. Ob die Nordnorweger das tun? Ich war da noch nie.

Ueberhaupt ist Nordnorwegen ein Begriff, den ich von Marcel Reich-Ranicki habe. Er interessiere sich nicht fuer Geschichten, die in der niedersaechsischen Provinz oder in Nordnorwegen spielen. MRR hatte den Begriff schon einige Jahre im Programm, da veroeffentlichte ein deutscher Schriftsteller einen Roman, der ausgerechnet in Nordnorwegen spielte. Und da das Werk auch allgemein fuer sehr gelungen befunden wurde, kam auch MRR nicht umhin, einen Roman zu loben, der in Nordnorwegen spielt.

Seitdem liest oder hoert man nur noch wenig von Nordnorwegen, und ich mache es mir zur Aufgabe, diesen schoenen Begriff Nordnorwegen ein wenig zu pflegen und ihn gelegentlich niederzuschreiben, bevor er gaenzlich verschwindet. Man weiss nicht, ob er wiederkommt und sieht ihm beim Untergehen zu. Tschuess Nordnorwegen. - Gibt's hier ne Pizzeria in der Naehe?

Sonntag, 13. April 2008

Asiatische Duldungsstarre

Noch eine kleine Geschichte vom Greyhound. Der Nachtbus von Rockhampton nach Townsville wird etwa elf Stunden brauchen. Der Platz neben mir ist frei, und ich mache es mir bequem.
Nach zwei oder drei Stunden steigt ein Aussi ein, kraeftig gebaut, verschmutzte Klamotten, zerrissenes Hemd und eine sehr sehr durchsetzungsfaehige Alk-Fahne. Er baut sich im Gang auf, ruelpst laut, dreht sich nach rechts zu einer zierlichen Asiatin - die ich der Einfachheit halber zur Japanerin erklaere - schleudert ihr ein breites "How ya goin' mate?" entgegen und setzt sich neben sie. Da hat der Greyhound Buchungscomputer ein nettes Paar zusammengelost.

Die Japanerin bewegt sich nicht und wird sich auch bis zur Ankunft in Townsville nicht bewegen. Dort steigen beide aus. Die Japanerin hat ueberlebt und in ihrem Gesicht finden sich keine Spuren von dem aesthetischen Martern der naechtlichen Fahrt.

Und hier kommt die Pointe: Der Bus war vielleicht zu einem Drittel gebucht. Sie haette jederzeit den Platz wechseln koennen und wahrscheinlich sogar niemanden neben sich gehabt.

Samstag, 12. April 2008

Godzilla haelt die Klappe

Bungalow Bay Resort duerfte das einzige Hostel mit eingenem Tropenzoo sein. Der beginnt gleich hinter dem Pool. Sammy wird uns in den naechsten zwei Stunden eine Menge ueber das Jagdverhalten der Krokodile, eifersuechtige Papageien und Ameisentee erzaehlen. Einen Koala haben sie auch hier, Barney heisst er. Fuer 14 Dollar Aufpreis kann man ihn auf den Arm nehmen und bekommt ein Foto im Passepartout. Ich haette lieber Sammy gehalten und spar mir die Kohle.


Das Croc auf meinem Arm heisst uebrigens Godzilla, ist fuenf Jahre alt und waaahnsinnig gefaehrlich. Ich baendige ihn nur durch die Kraft meiner Gedanken, indem ich mir eine Parade magersuechtiger Salzburger Teenager mit It-Bags vorstelle. Godzilla versteht und haelt die Klappe.

Freitag, 11. April 2008

Pauschalcowboys

Morgens um halb sieben holt Peter uns in Rockhapmton ab. Peter ist Jahrgang 1933 und sein linkes Auge scheint ihm zu reichen, um durch die aufwachende Stadt und in das Outback hochzupreschen. Mit mir faehrt die 58jaehrige Dianne aus Melbourne, die sich ein paar Tage Urlaub von der Stadt nimmt.
Um acht sind wir auf Peters Farm angelangt. Hier auf Myella (http://www.myella.com/) lebt er seit er 20 ist. Anfang der 90er haben er, seine Frau Olive und seine Tochter Lyn begonnen, die Farm fuer Besucher zu oeffnen und sie fuer ein paar Tage das tun zu lassen, was sie aus ihrer Hollywood gepraegten Vorstellung vom Farmerleben erwarten. Das ganze aber mit einem echten Aussi-Flair serviert.
Wir legen Toast auf gebogene Drahtgitter und halten ihn uebers Feuer, das Teewasser kommt aus dem Billy, einem gusseisernen Kessel, der ueber dem Feuer haengt. Das ist uebrigens authentisch - auch wenn es auf Myella eine Kueche im Haus mit elektrischem Wasserkocher gibt. Bis neun Uhr habe ich passende Boots und ein langes Hemd gefunden und bekomme von Mel eine erste Unterrichtsstunde, wie ein Pferd funktioniert. Ausgesprochen einfach uebrigens, weshalb wir in sechseinhalb Minuten durch sind und ich zu "Abba" in den Stall krabbeln und sie herausfuehren soll.
Nun ja - ich habe nur wenig Respekt von Menschen, die staerker sind als ich, aber die kann ich ja auch verklagen, wenn sie mich verpruegeln. Aber so ein Pferd? Zudem gilt Abba als "Kicker". Ein paar Minuten spaeter sitze ich im Sattel und habe Vorwaertsgang und Bremse gefunden. Die uebrigens funktioniert nicht, wenn das Tier trinken will, dann geht so eine Art Autopilot los bis zur naechsten Traenke.
Kelsey sieht aus wie man sich ein Country-Girl vorstellt: langes blondes Haar, Hut und Karohemd. Sie wird mit uns die naechsten zwei Stunden ueber Myella reiten. Viele in der Gruppe sind Aussies und reden ueber das Gesundheitssystem oder Hauskredite. Ich ueberlege mir waehrenddessen, welcher Song jetzt gut passen wuerde. "Montana" von Zappa vielleicht. Hat einen huebschen Text, leider auch einen verflucht schwierigen Mittelteil, weshalb es fuer einen gemuetlichen Ausritt ausscheidet. "I hung my head" von Sting ist schon besser:

Early one morning / with time to kill
I borrowed Jebb's rifle /and sat on a hill
I saw a lone rider / crossing the plain
I drew a bead on him / to practise my aim
My brother's rifle / went off in my hand
A shot rang out / across the land
The horse he kept runnning / the rider was dead
I hung my head / I hung my head

Ich hab niemanden erschossen.

Als ich nach zwei Stunden vom Pferd steige begreife ich, wie es zu John Wayne's legendaerem schleppenden Gang kam. Vermutlich stand in seinem Vertrag "Muss vor jeder Szene zwei Stunden geritten haben".
Am Abend bringen wir die Kuehe mit ihren Kaelbern rein - zu Fuss Mann, wir sind doch nicht im Westen. Das ist einfach. Schwieriger ist es, dieKaelber fuer die Nacht von ihren Mamas zu trennen. Lyn bescheinigt mir "You've done really well - for the first time." Das ist eben auch sehr australisch: die Wahrheit so hoeflich zu umgehen, dass der Angesprochene es kaum merkt. Ich schlafe wie ein Stein. Am naechsten Tag werde ich einem Kaenguruh-Waisen die Flasche geben, aus Versehen einen Gallopp ueberleben, einen Weidezaun reparieren und die gleichen Rueckenschmerzen haben wie am ersten Tag. Nur woanders.

Dienstag, 8. April 2008

Ein mittelmaessiger Seemann

Fraser Island ist uebrigens benannt nach einem minderbegabten Kapitaen der englischen Handelsmarine, der sein Schiff leck schlagen liess und beim anschliessenden Rettungsrudern von seiner Mannschaft in einem kleinen Boot zurueckgelassen wurde, mitsamt seiner schwangeren Frau. Wenn's ums Rudern geht sollte man es sich auch nicht ausgerechnet mit dem Matrosen mit den dicksten Armen verscherzen.
Menschenfuehrung war halt nicht seine Staerke. Das zeigte sich auch kurze Zeit spaeter, als er an Land gespuelt wurde auf Aborigines traf, die ihn druchfuetterten. Nach einiger Zeit befanden sie, dass der feine Herr nunu genug genassauert habe und sich fortan an der Futterbeschaffung zu beteiligen habe. Fraser aber war es nicht gewohnt, Anweisungen zu erhalten, sondern Befehle zu geben und weigerte sich. Tags drauf erkrankte er an einem schweren Fieber. Na so ein Zufall... Vielleicht hatten die Aborigines aber auch ein englisches Kochrezept in seiner Habe gefunden und perfekt nachgekocht, das wuerde auch als Erklaerung taugen.
Um das Fieber - also die boesen Geister - auszutreiben, wurde Fraser mit einem Speer durchbohrt. Soll angeblich helfen. Wahrscheinlich haben sie es Fraser mit "Dat hamwer immer su jemaat" als ihr Standard-Hausrezept verkauft.
Naja, ob Eliza Fraser einen Kunstfehlerprozess angestrengt hat, weiss man nicht. Aber sie machte nach ihrer Rettung gutes Geld damit, ihre Geschichte zu verkaufen. Kommt mir bekannt vor: Arrogantes und arbeitsscheues Mitglied des englischen Adels kommt spektakulaer zu Tode und die Nachwelt macht die dicke Kohle mit guter PR-Arbeit.

Der Regenmacher


Hatte ich das nicht schoneinmal erwaehnt - ich gehe als Regenmacher in die Sahara. Ich stelle mich mittenrein, reisse die Arme hoch und rufe laut aus: "Ich hab Urlaub". ich habe den Mund noch nicht ganz geschlossen und die ersten Tropfen fallen. Innerhalb einer Minute bin ich nass bis auf die Knochen - komischer Ausdruck, als ob meine Haut undicht waere. In der dritten Minute bilden sich Seen in den Duenentaelern, die vierte Minute weiss vom Entstehen neuer Arten zu berichten und in Minute acht hat sich der grosse Sandkasten in eine einzige Matschgrube verwandelt.
Was ich damit sagen will: ich rate jedem ab, mit mir einen Sommerurlaub zu buchen: das geht schief. So wie juengst auf Fraser Island. Das liegt vor der Ostkueste, ist die groesste Sandinsel der Erde und ist ein klassisches "Traumziel". eine Reihe von Suesswasserseen durchzieht das etwa 170 km lange und 24 km breite Eiland, man findet Regenwald und die ueblichen fiesen Tiere plus Dingos. Die sind nicht fies, allerdings trotzdem gefaehrlich, vor allem jetzt gerade zur Paarungszeit. Was Fraser Island noch hat, ist das Wrack eines ehemaligen Luxusliners und vor allem viel Sonnenschein.
Normalerweise. Bis ich kam. Im Regenwald war's ja noch trocken, aber als wir eine Stunde spaeter einen Kilometer in den Rainbow Gorge gelaufen sind, splattern aus dem Nichts heraus dicke Regentropfen auf uns nieder und bald wird der Pfad zum Bach. Die Regenjacke hat laengst aufgegeben. So ging es dann zwei Tage lang.
Heute ist es uebrigens wieder schoen. Hab ja auch nichts vor.

Sonntag, 6. April 2008

Betrachtungen ueber endemische und importierte Tierarten

Das Krokodil lebt recht kommod.
Es fuehlt sich ja auch unbedroht.

Mitunter toedlich beissen Schlangen.
Man kann sie darob kaum belangen.

Der Hase bleibt meist unversehrt,
Weshalb er sich so gern vermehrt.

Am Abend macht das Kaenguruh
Die Aeuglein und den Beutel zu.

Die Wuerfelqualle hat Tentakel.
Das ist auch schon ihr einz'ger Makel.

Und der Haifisch, der hat Zaehne,
Aber viel zu kurze Beene.

Im Meer hat juengst ein Stachelrochen
'Nem Taucher glatt das Herz gebrochen.

Das Wallaby traegt einen Beutel
Mit "Ralph Lauren"-Logo - wie eitel.

Der Zwergpinguin - och nee, den hatten wir schon, und der steht jetzt unter meinem persoenlichen Artenschutz und wird in diesem Blog fortan verschont.

Samstag, 5. April 2008

Tourette und die Abkuerzungen

Ich rede dauernd von Aussies. Das ist keineswegs respektlos oder gar Kindersprache, wie mir schon angedichtet wurde, sondern ueblich. Im Land der weiten Wege wird alles abgekuerzt: Fussball ist Footie, Fruehstueck ist Brekkie und zu Chrissie gibt's Pressies. Wenn eine Abkuerzung nicht kurz genug ist, wird sie nochmals abgekuerzt. Der Melbourne Cricket Ground, der angesichts seiner Groesse einen langen Namen voellig zurecht tragen wuerde, ist der MCG. Oder einfach nur "G".
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Heute Mittag in Brissie angekommen. Endlich mal ein Australier, der sich nicht so freundlich benimmt wie all die anderen. Ok, er litt auch offensichtlich am Tourette-Syndrom. Das hat die S-Bahnfahrt in die Stadt jedenfalls sehr kurzweilig gemacht. In Frankfurt ist so ein Verhalten hingegen normal. Ohne Tourette-Syndrom.

Und die Stationsansagen klingen so, als haette ein amerikanischer Fernsehprediger sie auf Band gesprochen. So banale Saetze wie "The next stop is Coolaboora. Passengers who would like to proceed to Lines 5 an 7 ..." vergroessern sich in meinem Innenohr zu "And if you sin, you're gonna go to hell. But I tell you, there is no hell, there ain't no such thing as hell. There ist only France."

Footie ohne Albert

Gestern also Aussi-Rules-Football im Telstra Dome. Das ist nur eine von drei Sportarenen in direkter Citynaehe und mit 50.000 Plaetzen nicht das groesste. Im Melbourne Cricket Ground koennte man glatt eine Buergerversammlung der Stadt Darmstadt abhalten - mit Anwesenheitspflicht. Das Telstra Dome wurde etwa zur Jahrtausendwende eroeffnet. Vorher war es hoeflich gesagt Marschland. Etwas direkter gesagt: hier wurden die Abwaesser in den Boden geleitet. Man koennte also durchaus sagen, das Telstra Dome ist auf Scheisse gebaut. Dafuer aber auch auf 36.000 Betonpfeilern, die in der Erde stecken. Oder 1.000 Pfeilern, die 36 Meter in der Erde stecken? Ach, was weiss denn ich...

Das Dome also. Ich gebe ja zu, seit Jahren nicht mehr in einem deutschen Stadion gewesen zu sein. Sehen die jetzt auch so nach Pub mit Teilnahmemoeglichkeit an einem Fussballspiel aus? Lounges, Bars und irgendwo ein Spielfeld. Aber was fuer eines: eine Ellipse mit 160 und 130 Meter Schnittlaenge. Das passt zu den Dimesionen des Landes. Wenn die letzte WM in Australien ausgetragen worden waere - ob der Kaiser sich wohl das ganze Land vom Hubschrauber aus angeschaut haette?

Dass es NUR 160x130 Meter sind, ist uebrigens der Tatsache zu verdanken, dass Football irgendwann auf den Kricketfeldern gespielt wurde und die waren halt so gross. Urspruenglich war das Feld beim Aussi-Football einen Kilometer lang (kein Witz). Nicht einmal Albert Speer haette solch ein Stadion bauen wollen. Sein Chef vielleicht...

Das Spiel muss man nicht verstehen, um Spass zu haben. Vor allem darf man fuer jede der beiden Mannschaften sein. Denn streng geteilte Fanblocks gibt es nicht, auch keine Pruegeleien, oder zumindest nur auf dem Rasen. Leider sind die Aussies beim Erfinden von Fangesaengen nicht sonderlich kreativ, so dass die Stimmung als sehr hoeflich zu bezeichnen ist. Leidenschaft hoert sich anders an.

Unser Team hat uebrigens haushoch verloren. War trotzdem lustig, denn erstens darf man ja auch fuer das andere Team sein, und David - der Nachfahre von Captain Bligh - hat mir den Heribert Fassbender des Aussi-Football gemacht. Ich will nicht sagen, dass ich jetzt Experte bin, aber ich verstehe jetzt mehr davon. Also mehr als vom deutschen Fussball.

Mittwoch, 2. April 2008

Die Ampeln spielen SAGA

Es sind die kürzesten Sätze, die einen Menschen, eine Berufsgruppe oder ein ganzes Volk charakterisieren. Zum Beispiel "Dafür bin ich nicht zuständig": Behörde oder ehemaliges Staatsunternehmen, "It's kinda like you know": all american High School girl, "Good day for it": Aussi. Das ist innerhalb eines Augenblicks einer meiner Lieblingssätze geworden. Was meint der Aussi damit und wann sagt er es?

Beispiel: Es ist Hochsommer und du liegst nackt in deinem Garten in der Gewissheit, dass niemand aber auch gar niemand vorbeikommen kann, denn der nächste Nachbar wohnt drei Kilometer entfernt und der Garten ist nach hinten raus. Plötzlich steht er vor dir, dein Nachbar, und lädt dich zum Barbecue ein. "Good day for it", würde er sagen. Und damit meint er nicht das Barbecue.

Es ist leben und leben lassen, aber nicht ein indifferentes "Mir doch egal", sondern eher ein rheinländisches und wertschätzendes "Jede Jeck ist anders".
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Melbourne rocks. Vor allem die Fussgängerampeln. Sie springen auf grün und machen "Tchiu - tckedcke tckedcke tckedcke tckedcke". Schön gerader 4/4 Takt, Tempo etwa 110 bpm. Das "Tchiu" kommt als Auftakt auf die vierund, "tckedcke" in 16teln tackernd hinterher. Das ganze mit einem knackigen Synthi-Sound. Und wer hat, kramt jetzt bitte das SAGA-Album "In Transit" heraus - einer der besten Konzertmitschnitte der Rockmusik - und spielt den Titel "How long" an. Eindeutig wurde dieser kanadische Rockklassiker an einer Ampel in Melbourne komponiert.
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Saufreundlich übrigens die Leute hier. Bin heute gleich zweimal von schönen Frauen angesprochen worden. Sophie - blond, blauäugig und Brille - wollte mich für's Rote Kreuz werben und plauderte freundlich weiter auch als schon klar war, dass ich als non resident nicht in ihr Beuteschema passe. Ein paar Meter weiter dann eine wunderschöne Franzoesin mit einem Pandabär auf der Brust - also auf dem T-Shirt. Ob ich WWF-Mitglied werden wolle und hier wohne.

Hätte ihr zu gerne das Jawort gegeben.
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Man kann nicht sagen, die australischen Medien seien nicht an Deutschland interessiert. Leider sind es durchgeknallte Diakone aus Düsseldorf mit dem Vorschlag, den Urlaub im Grab zu verbringen, die für Schlagzeilen sorgen. Oder psychotische Problembären im Berliner Zoo. Bei uns ist das ja anders. Die Aktfotos von Carla Bruni transportieren schliesslich Sarkos politische Botschaft - wenn auch seine einzige.
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Hab heute schon wieder Geld verdient. War im Qantas Office und hab eine Leidensmiene aufgesetzt. Lohn des Schauspiels: 250 AUD. Das war's dann aber auch mit den Kompensationsleistungen.

Samstag geht's nach Brisbane. Dann erzähle ich, wie es war, mit einem Nachfahren von Kapitän Bligh (ja genau der, der sich mit Marlon Brando angelegt hat - sollte man ja auch nicht tun) zum Aussi-Football zu gehen.

Cheers Mate!

Montag, 31. März 2008

Maria wartet am Flughafen und ich auf mein Gepäck

Remember den Engländer mit seinem Kommentar zu Terminal 5? Mittlerweile wissen wir, dass Terminal 5 in etwa 15.000 Koffer, Taschen, Kinderwagen, Migrantenhaushalte im Karton und Rucksäcke verschluckt hat. Meinen auch.

Derart leidgeplagt erlaube ich mir einen Kalauer in Form des Textes auf einem Filmplakat mit Arnold Schwarzenegger: "Terminaltor 5 - Er kam aus der Zukunft, die Reisenden zu rächen!"
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Maria habe ich vier oder fünf Jahre lang nicht gesehen. Wir haben in Düsseldorf in einer Band gespielt - das heißt: Maria hat gesungen, ich hab Keyboards gespielt. Nun steht sie am Flughafen in Melbourne strahlt mich an und sagt "Hallo". Sensationell.
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Wir fahren raus nach Philipp Island, Pinguine gucken, Zwergpinguine um genau zu sein, nur etwa 30 Zentimeter groß. Die Tiere haben hier ihre kleinen Höhlen in den Dünen gebuddelt. Und jeden Abend nach Sonnenuntergang vollzieht sich das gleiche Schauspiel: Die Tiere waren auf See sich den Bauch vollschlagen (aus Hunger) und Haie erschrecken (aus Spaß) kommen hier an Land und watscheln in Gruppen durch die Dünen, bis sie ihre Höhlen gefunden haben, jeder die seine. Und das ist ebenso faszinierend wie komisch anzusehen. Sie schieben ihre dicken Bäuche über Land und wedeln unbeholfen mit ihren kurzen Flügeln und wirken dabei wie ein Herbert von Karajan mit Übergewicht, der gerade versucht Seiji Ozawa zu imitieren. (ok, dann googlet mal schön ;-).

Noch ein Kalauer: Wenn sie sich etwas dynamischer mit ihren Flossenfüßen vom Boden abstoßen und über den Strand hüpfen würden, wären es dann "Pingurus"?
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Nachrichten von der Lost-Baggage-Front: "Your baggage hasn´t even been located yet." Na dann sucht mal schön. Wieviele Flughäfen gibt´s auf der Welt? Die gute Nachricht: Ich bin um 100 AUD reicher, Compensation, weil das Gepäck nicht innerlab von 24 Stunden nachgesendet wurde. "Und wie geht´s weiter, wenn mein Rucksack nicht ankommt?" - "Don´t worry, it will arrive. It´s just a question of time."

Ich habe schon einen Verleger gefunden für mein Travelhandbuch "Australia with one set of underwear."
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Marias Handy funktioniert nicht mehr. Wir gehen in den Telstra Shop. Telstra ist der größte Telekommuniklationsanbieter Australiens, ein ehemaliges Staatsunternehmen, das jetzt privatisiert ist. Die (abgelaufene) Garantie des Handys läuft 12 Monate, der Vertrag 24 Monate. Telstra sieht sich außerstande, das Gerät auf Kulanz zu reparieren oder ein Austauschhandy zur Verfügung zustellen. Telstra hat eine Kundin verloren.
Irgendwie kommt mir das alles bekannt vor.

Samstag, 29. März 2008

Gedanken beim Zwischenstopp (2)


Singapur, 29.3., 19:41 Ortszeit

Tire heisst Rad, I'm tired also "Ich bin geraedert". Das Raedern war eine der feinsten Foltermethoden des Mittelalters und hat, wie wir sehen, heimlich Einzug in die englische Alltagssprache gefunden. Angesichts des Sitzabstandes bei Qantas - jede Legenhennenverordnung garantiert mehr Bewegungsfreiheit - sollte es heissen: "I'm qantased!"

Gedanken beim Zwischenstopp (1)

London Heathrow, 28.3., 20:09

Ok, Grundlegendes ist geklaert: es gibt Anfang und Ende und es ist eine Platte aus schwarzem Vinyl. Aber welche? Wenn man in grossen Dimensionen denkt - und nichts anderes ist angesichts der Erde angemessen - muss es schon Floyd sein oder Wagner, aber der wusste von Platten noch nichts. Oder vielleicht doch eher Sitarklaenge unterlegt mit 20minuetigem Tabla-Getrommel? Sind Doppelalben erlaubt?

Ich habe das Gefuehl, das mitderPlatte fuehrt zu nix. Nada Brahma, die Welt ist Klang und Klang geht auch ohne Platte.
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Vielleicht doch erstmal ein Song? Passend auf jeden Fall britische Popmusik, Regenwettermusik. Da sollte sich was finden lassen. Regen scheint nach der Liebe das zweitbeliebteste Thema zu sein. Kann nicht verwundern, ist ja auch dauernd Gespraechsthema. Wenn man sich kennt, redet man ueber die Liebe, wenn nicht uebers Wetter.

Madness war fuer mich immer Regenwettermusik. Ich hoere "Tomorrows just another day" und denke an Camden Lock imRegen. Wunderschoen. London entfaltet seinen kompletten Charme erst, wenn Quadratkilometer Kaltfront drueber haengen. Woanders wird man einfach nur nass.
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Bevor ich's vergesse:
*"Terminal 5 is a joke", wie sich ein Englaender ausdrueckte.
* In Terminal 4 gibt es einen "Multi Faith Prayer Room"
* In Terminal 5 benutzen sie die gleichen Cisco IP-Telefone wie in der Konzernzentrale der Telekom. Kein Wunder, dass am ersten Tag nix lief

Donnerstag, 27. März 2008

Die Erde ist eine Schallplatte.

Flüge nach Australien sind in jeder Hinsicht rekordverdächtig.

16339 Kilometer sind es von Frankfurt nach Melbourne, Luftlinie. Was auch sonst - der Landweg ist nicht erschlossen. Das mag nicht jedem sofort einleuchten. Ein Australier erzählte mir 1995 in San Francisco, er sei von einem Ami gefragt worden, wie er nach Amerika gekommen sei. "Na, geflogen natürlich." - "Sure," entgegenet der Ami "but how long would it take you to drive from Australia to California."

Weiter kann man sich nicht von Deutschland entfernen. Zum halben Erdumfang fehlen zwar noch gute 4.000 Kilometer, aber man müsste schon eine zentralpazifische Notwasserung ins Auge fassen, um den Rekord komplett zu machen - und was will man da auch.

Rekordverdächtig auch meine fünf Arztbesuche in einer Woche. Das schaffe ich sonst in zehn Jahren nicht. Und alles nur wegen eines geschwollenen Sprunggelenks. Aber man will sich ja auch in bester Verfassung präsentieren. Jetzt hab ich ein Supinationstrauma, was sich bedeutend besser anhört als "Knöchel dick". Was macht eigentlich ein Känguru mit Supinationstrauma? Und was macht ein Weißer Hai mit Karies oder ein Baumpython mit Rückenschmerzen? Fragen, die sich hier niemals stellen. Aber am anderen Ende der Welt ist halt alles anders, vor allem im Tierreich.

Was allerdings ist das andere Ende der Welt? Wenn es ein Ende der Welt gibt, dann muss es auch einen Anfang geben. Gut, rein zeitlich bekommt man das schon hin: Anfang war vor ein paar Milliarden Jahren (nach evangelikaler Lesart vor rund 10.000 Jahren). Ende unbestimmt aber gewiss. Aber räumlich? Gehen wir davon aus, dass die Erde eine Kugel ist. Oder meinetwegen sogar: gehen wir davon aus, dass die Erde eine Scheibe ist (kleines Zugeständnis an die evangelikalen Christen in god´s own country), aber eine runde (kleines Zugeständnis an die Kugelfraktion). Wo fängt eine Scheibe an, und wo hört sie auf? Egal ob Kugel oder Scheibe, mit Anfang und Ende ist da nichts zu machen. Die Erde müsste schon eine Linie sein, um anfangen und enden zu können.

Kommen wir also zur Königsdisziplin der theoretischen Wissenschaften, der Vereinigungstheorie. Gehen wir davon aus, dass Anfang und Ende definierbar sind, denn immerhin hat sich das so im allgemeinen Sprachschatz durchgesetzt. Gehen wir weiters (kleines sprachliches Zugeständnis an die österreichischen Leser) davon aus, dass die Erde eine Scheibe ist (siehe oben), und fragen wir uns: welche Scheibe hat Anfang und Ende? Dann kann die Antwort nur lauten:

Die Erde ist eine Schallplatte. 2 mal 30 Minuten auf schwarzen Vinyl. Das ist zugegeben banal und setzt uns unter einen gewissen Zeitdruck bei all dem, was wir noch erledigen wollten. Aber vielleicht lässt der große DJ bei der Rotationsgeschwindigkeit mit sich handeln. Vielleicht hat er selber zu viel Spaß an der Musik, und will sie noch nicht enden lassen.

Würde mich schon interessieren, wieviele Minuten schon gespielt sind. Und auf welcher Seite.